DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI
Schauspiel von Bertolt Brecht
Theater Altenburg/ Gera
Premiere: 08.06.2025
Inszenierung
Alexander Flache
Musikalische Leitung
Olav Kröger
Choreinstudierung
Dr. Alexandros Diamantis/ Olav Kröger
Bühne, Kostüme
Petra Linsel-Mahrer
Dramaturgie
André Hinderlich
Ensemble Philharmonisches Orchester Altenburg Gera
Opernchor des Theaters Altenburg Gera
Besetzung
Arturo Ui
Jakob Spiegler
Ernesto Roma
Marie-Luis Kießling
Flake/ Der Verteidiger/ Iganatius Dulfeet
Thomas C. Zinke
Butcher/ Hook/ 2. Chicagoer
Thorsten Dara
Cark/ Ted Ragg/ Anklägerin/ 1. Chicagoerin
Ines Buchmann
Der alte Dogsborough
Peter Prautsch
Emanuele Giri/ Ein Schauspieler/ Gaffles
Manuel Struffolino
Bowl/ Der Blumenhändler Giuseppe Givola
Valentino Fortuzzi
Dockdaisy/ Betty Dullfeet
Neele Schmidt
Sheet/ O'Casey/ Der Richter/ Pastor/ 1. Ciceroer
Bruno Beeke
Die junge Dogsborough/ Die junge Inna/ Die junge Frau/ 2. Ciceroerin
Antonia Marie Waßmund
Der Angeklagte Fish/ 3. Ciceroer
Adam Michal Brusznicki
Greenwool/ 3. Chicagoer/ Reporter
Andreas Veit
Leibwächter:innen
Claudia Müller
Michael Rieger
Jaeyoung Lee
Annick Vettraino
Reporter:innen
Annick Vettraino
Kathrin Rieger-Loeck
Roman Koshmanov
Petar Proytchev
Grünzeughändler:innen
Valentina Koshmanova
Ji-Young Im
Heiko Retzlaff
Roman Koshmanov
PRESSE
Die Farbe Blau
„Jakob Spiegler gefällt als Arturo Ui. Manchmal ist er zu manisch, aber als Potentat kann man nicht manisch genug sein. Die Spur Weinerlichkeit, die er sich für seine Figur mutmaßlich bei Björn Höcke abgeschaut hat, passt gut. Unterstützt wird seine Präsenz durch die körperlichen Anlagen, die er mitbringt: groß, drahtig, blond. Einen schönen Konterpunkt setzt Marie-Luis Kießling als Ernesta Roma. Sie bricht teilweise aus dem gestelzten Farce-Spiel aus, mischt ihm eine eigene Note bei. Überhaupt ist es ein guter Regieeinfall, die Rolle umzugendern und dem Männerverein eine starke Frau beizustellen.“
Tobias Prüwer, Nachtkritik, JUN 2025
Verstörendes Zukunftsszenario
„Schauspielkapellmeister Olav Kröger komponierte eigens eine das Stück umrahmende Musik. Sie erinnert an Blues, Swing und Ragtime vom Anfang des vorigen Jahrhunderts und wird von zwölf Musikerinnen und Musikern des Philharmonischen Orchesters in gewohnter Qualität geboten. Aufgeboten wird zudem der halbe Opernchor, der sowohl für Prolog und Epilog als auch für Überleitungen verantwortlich zeichnet und dessen Mitglieder mitunter kleine Rollen übernehmen. Einmal mehr also eine spartenübergreifende Produktion – durchaus ein Markenzeichen in Altenburg und Gera....
Für Jakob Spiegler dürfte sich die Titelrolle mit ihrem immensen Textumfang und der ständigen Bühnenpräsenz wie ein Ritterschlag angefühlt haben, gehört der junge Schauspieler doch erst seit dieser Spielzeit zum Ensemble. Er meistert sie mit Bravour, zeigt seinen Ui eiskalt, berechnend, hinterhältig, mitunter auch weinerlich und hat sich damit sicher für weitere Aufgaben empfohlen....
Eine emotional ergreifende Szene gibt es dennoch: Als eine blutüberströmte Frau während des Speicherbrand-Prozesses Anklage erhebt und Hilfe erbittet, drehen sich alle demonstrativ weg. Also wendet sie sich unmittelbar ans Publikum, ruft: „Helft! Stoppt Ui!“ Herausragend außerdem die slapstickhaft angelegte Szene, als sich Ui von einem abgehalfterten Schauspieler ins publikumswirksame Laufen, Sitzen und vor allem Reden einweisen lässt. In Manuel Struffolino findet Spiegler hier einen kongenialen Partner, der auch als Gaffes zu überzeugen weiß.
Von der immerhin 13-köpfigen Mannschaft, in der die Schauspielerinnen und Schauspieler fast alle in mehrere Rollen schlüpfen, bedürfen auch Valentino Fortuzzi als aalglatter, menschenverachtender, mörderischer Ui-Unterstützer Givola (erinnert an Goebbels) sowie Peter Prautsch als eigentlich grundehrlicher, am Ende aber zu keinem Widerstand fähiger Politiker Dogsborough der besonderen Erwähnung. Ebenso Marie-Luis Kießling als Ernesta Roma – als einzige Frau von Flache in die Männerdomäne der Ui-Gefolgschaft eingeführt. Nicht minder kalt und berechnend, zugleich aber treu ergeben, wird sie Ende von den eigenen Leuten als Konkurrentin gerichtet.
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, heißt es in dem, vom Chor am Schluss eindringlich skandierten Epilog Bertolt Brechts. Dennoch hält Regisseur Alexander Flache nichts vom erhobenen Zeigefinger gegenüber dem Publikum. „Ich will niemanden belehren, aber Denkanstöße geben“, sagt er. Beim Publikum, das die Premiere bejubelt und zehn Minuten beklatscht, dürfte dies zweifellos funktioniert haben.“
Ellen Paul, Leipziger Volkszeitung, JUN 2025
#zukunftsszenario
„In der Deutlichkeit der Bühnenrede und den Setzungen dieser Spieldynamik merkt man den hohen Anspruch einer weit ins 20. Jahrhundert zurückreichenden Tradition mit den Idealen von Deutlichkeit und didaktischer Präsenz. Linsel-Mahrers Gesellschaftskleidung meint das 20. und das 21. Jahrhundert....Die Mitwirkenden gestalten mit emphatischer Sachlichkeit Brechts Parabel, welche mit Uis Übernahmephantasien Richtung New York endet.“
Roland H. Dippel, Die Deutsche Bühne JUN 2025
Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui
„Atmosphärisch und stimmungsvoll gelingen einige Momente. Etwa wenn Arturo Ui anfangs nackt aus dem Grab steigt.“
Tobias Prüwer, Freie Presse, JUN 2025